NE-WS 89.4 Jahresrückblick 2024: Gerichts-Prozesse
Veröffentlicht: Montag, 30.12.2024 06:00
Die Gerichte in der Region hatten in diesem Jahr 2024 wieder alle Hände voll zu tun – mit Geldautomatensprengungen, mehreren beinahe tödlichen Messerattacken und einem toten Baby.
NE-WS 89.4-Gerichtsreporter Marc Pesch hat sich die Verfahren und Urteile in diesem Jahr nochmal angeschaut und einiges Prozesse für unseren Jahresrückblick 2024 zusammengefasst.
Prozesse aus dem 1. Halbjahr 2024
12. Januar: Mit einem überraschend milden Urteil endet am Landgericht Mönchengladbach der Prozess gegen eine diverse Person aus der Umweltaktivisten-Szene. Nachdem die Person, die sich nach eigenen Angaben keinem Geschlecht zugehörig fühlt, am Amtsgericht Grevenbroich noch zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden war, reduzierte das Landgericht Mönchengladbach die Strafe im Berufungsverfahren deutlich und machte aus der Gefängnisstrafe eine Geldstrafe in Höhe von 3600 EUR. Die angeklagte Person hatte im Prozess eingeräumt, sich mit einigen Mitstreitern an die Gleise der RWE-Kohlebahn am Kraftwerk Neurath angekettet und so den Kraftwerksbetrieb lahmgelegt zu haben. Der Schaden für RWE: Rund 1,5 Millionen Euro.
29. Februar: Am Landgericht Düsseldorf endet der Prozess um eine tödliche Geburt im Neusser Lukaskrankenhaus. Der angeklagte Arzt kommt mit 10 Monaten Haft auf Bewährung davon. Er hatte bei der Geburt eines Jungen im November 2021 eine Zange eingesetzt und dem Baby tödliche Verletzungen zugefügt. Das Gericht verurteilt den 59jährigen Oberarzt daraufhin wegen Körperverletzung mit Todesfolge, obendrein muss er 5000 EUR an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Mit dem Urteil ist der Mediziner nicht einverstanden – er kündigt rechtliche Schritte an.
8. April: In Mönchengladbach startet der Prozess gegen einen 26jährigen Grevenbroicher. Laut Staatsanwaltschaft hatte der junge Mann im Drogenrausch auf der Rheydter Straße in Grevenbroich im Sommer 2023 einen Bekannten niedergestochen. Drei Wochen nach dem Beginn des Verfahrens verkündet die zuständige Schwurgerichtskammer das Urteil: Der Grevenbroicher muss für mehr als 6 Jahre in Haft. Er hatte im Prozess eingeräumt, zum Zeitpunkt der Tat bis zu 10 Gramm Rauschgift täglich konsumiert zu haben. Das Geld dafür hatte er von seinen Eltern bekommen.
25. April: Das Verwaltungsgericht Düsseldorf muss sich mit der neuen Fachbereichsleiterin der Stadt für Sport, Kultur und Bildung beschäftigen: Bürgermeister Erik Lierenfeld hatte im Januar den Wechsel von Anja Bezold aus der Stadtverwaltung Düsseldorf nach Dormagen bekannt gegeben. Das wiederum passte einem Mitbewerber für den Posten der Fachbereichsleitung nicht. Er reichte Beschwerde am Verwaltungsgericht Düsseldorf ein. Der Vorwurf: Familien-Klüngel. Hintergrund: Ehemann Fritz Bezold ist seit 2023 erster Beigeordneter der Stadt. Letztlich weist das Verwaltungsgericht die Beschwerde zurück – bei der Vergabe des Postens an Frau Bezold sei alles korrekt abgelaufen, so die Justiz.
Juni: Am Landgericht Düsseldorf endet die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Nievenheim-Ückerath und Ex-Brudermeister Stefan Schillings. Schillings war gegen seine Ex-Kameraden vor Gericht gezogen, weil die ihm vorgeworfen hatten, der Bruderschaft einen Schaden von 10.000 EUR zugefügt zu haben. Daraus resultierten letztlich auch der Ausschluss aus der Bruderschaft und ein Hausverbot. Laut Schillings sind diese Anordnungen der Schützenbruderschaft nichtig – das Gericht erklärte das Hausverbot und den Ausschluss für unwirksam. Laut Justiz habe man nicht feststellen können, dass Schillings schuldhaft einen Schaden verursacht habe.
Prozesse aus dem 2. Halbjahr 2024
20. Juni: Am Landgericht Düsseldorf beginnt der Prozess gegen fünf mutmaßliche Steuerbetrüger. Die Männer und Frauen sollen durch den Handel mit Luxusautos der Marken BMW, Audi oder Lamborghini über 50 Millionen Euro am Staat vorbei in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. 90 Autos waren vor dem Prozess im Rahmen einer Razzia auf der Düsseldorfer Straße in Grevenbroich sichergestellt worden. Der Prozess endet nach Geständnissen schließlich im Oktober 24 – die Angeklagten müssen für bis zu sechs Jahre und zwei Monate ins Gefängnis.
26. Juni: Ein Urteil des Neusser Amtsgerichts sorgt für Aufsehen: Das Gericht verurteilt einen 47jährigen Autofahrer zu zehn Monaten Haft auf Bewährung und 5000 EUR Geldauflage wegen fahrlässiger Tötung. Der Mann war mit Tempo 240, angetrunken und ohne Führerschein in den Wagen eines jungen Familienvaters gerast. Die Staatsanwaltschaft hatte zweieinhalb Jahre Gefängnis in ihrem Plädoyer beantragt, der zuständige Richter hatte jedoch eine Bewährungsstrafe für ausreichend erachtet. Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.
19. August: Mit einem milden Urteil geht am Landgericht Düsseldorf der Prozess gegen einen Schüler aus Dormagen zu Ende. Der 19jährige war wegen diverser sexueller Übergriffe von der Staatsanwaltschaft angeklagt worden. Er soll während verschiedener Unterrichtspausen und auch im Rahmen einer Klassenfahrt immer wieder andere Schülerinnen begrapscht und zum Sex aufgefordert haben. Seine Taten soll er teilweise auch gefilmt haben. Dennoch beließ es die Justiz am Ende lediglich bei einer Verwarnung.
4. September: Nach einer brutalen Messerstecherei in einer Shishabar auf der Bahnstraße in der Grevenbroicher Innenstadt wird ein 26jähriger Mann zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte hatte gestanden, im Januar 24 nach dem Streit auf zwei Männer einer verfeindeten Familie mit einem Messer losgegangen zu sein. Inzwischen sollen die beiden türkischen Familien ihren Zank beigelegt haben.
19. September: Mit einer langen Gefängnisstrafe geht am Landgericht Düsseldorf der Prozess gegen einen jungen Mann aus Neuss zu Ende. Der zur Tatzeit 17jährige hatte im April 2022 nach Überzeugung des Gerichts mit einem Messer auf einen schlafenden Obdachlosen im Bereich des Verschiebebahnhofs eingestochen und ihn getötet. Schon in erster Instanz hatte das Landgericht den Jugendlichen verurteilt, gegen die Entscheidung hatte er jedoch mit Erfolg Revision eingelegt. Das Gericht sieht seine Schuld jedoch auch bei der Neuauflage des Verfahrens als erwiesen an und verhängt neun Jahre Jugendstrafe.
16. Oktober: Rund ein Jahr nach dem Urteil gegen eine Einbrecherbande aus Grevenbroich ist die Entscheidung des Landgerichts Mönchengladbach rechtskräftig. Die Gladbacher Richter hatten den aus Neurath stammenden Haupttäter zu rund acht Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatten zusammen mit einer ganzen Reihe junger Leute aus Grevenbroich und Umgebung eine Vielzahl von Einbrüchen und „Homejacking“-Taten begangen. Dabei hatte die Bande unter anderem auch etliche Luxusautos gestohlen. Betroffen war auch der Bürgermeister der Stadt Jüchen – so hatte die Bande unter anderem auch dessen Amtskette gestohlen.
28. Oktober: Eine geplante Geldautomatensprengung im HIT-Markt beschäftigt das Düsseldorfer Landgericht. Angeklagt sind insgesamt vier Männer aus Dormagen. Die Bande hatte sich im Mai 2023 mit einem Brecheisen nachts Zugang zum Vorraum des HIT-Markts verschafft. Dort wollten die Männer ein Sprengstoffgemisch in den Geldautomaten der VR Bank einleiten. Letztlich wurden sie jedoch von einer Polizeistreife bei ihrem Vorhaben gestört. Mit einem PS-starken VW Golf gelang ihnen zunächst die Flucht, in Hackenbroich jedoch konnten die Männer von der Polizei gestellt werden. Der Prozess läuft derzeit noch und soll 2025 zu Ende gehen. Den Angeklagten drohen lange Haftstrafen.
20. November: Das Landgericht Düsseldorf ordnet die Einweisung eines 38jährigen Mannes aus Dormagen in eine Alkohol-Heilanstalt an. Der Beschuldigte aus Horrem war im April 2024 mit einem Messer im Rausch auf seinen Vater losgegangen und hatte diesen lebensgefährlich verletzt. Im Prozess hatte er sich für seine Tat entschuldigt und behauptet, an die Messerattacke selbst habe eine keine Erinnerung. Laut Gericht hatte der Dauer-Konsum von Alkohol bei dem Dormagener eine Psychose ausgelöst. Nun muss er zwei Jahre lang in der Trinker-Heilanstalt behandelt werden.
6. Dezember: Am Amtsgericht Düsseldorf endet für einen 53jährigen Jüchener der Prozess um einen beinahe tödlichen Schuss mit einem überraschend milden Urteil. Das ehemalige Stadtrats-Mitglied der „Parteilosen“ kommt wegen „fahrlässiger Körperverletzung“ mit einer Bewährungsstrafe davon. Der Mann hatte auf den Ex-Freund seiner Tochter geschossen – wohl versehentlich bei einem Gerangel. Der Schuss hatte das Opfer im Hals getroffen und lebensgefährlich verletzt. Der junge Mann gilt seit der Tat als schwerbehindert, kann nicht richtig schlucken. Außerdem hatte er einen Hirnschaden erlitten, auch das Gehvermögen ist eingeschränkt.
10. Dezember 24: Am Landgericht Osnabrück startet der Mammut-Prozess gegen eine Bande von niederländischen Geldautomatensprengern. Die Männer sollen unter anderem die Geldautomaten in Grevenbroich-Kapellen und Meerbusch-Lank in die Luft gejagt haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer Gesamtbeute von mindestens 5,5 Millionen Euro. Das Urteil soll erst im kommenden Jahr verkündet werden. Aufgrund der mutmaßlichen Gefährlichkeit der Angeklagten wird das Verfahren von vermummten Polizeibeamten einer Spezialeinheit begleitet.
20. Dezember 24: Mit einem milden Urteil kommt in Düsseldorf der frühere Neusser AfD-Europaabgeordnete Gunnar Beck davon. Das Landgericht hebt ein Urteil des Amtsgerichts Neuss auf und wandelt eine Geldstrafe von 9200 EUR in eine Verwarnung um. Zudem muss er lediglich 500 EUR Geldauflage an ein Kinderhospiz zahlen. Laut Anklage hatte sich Beck in Deutschland als „Professor“ vorgestellt, obwohl er nach deutschem Recht den Professoren-Titel gar nicht führen darf. Das Gericht entscheidet sich dennoch dafür, Beck nicht zur Kasse zu bitten – nur wenn er mit dem gleichen Delikt in den nächsten zwei Jahren nochmal auffällt, wird eine Geldstrafe fällig.