Clown und Poet: Herman van Veen wird 80

Joachim-Ringelnatz-Preis für Herman van Veen
© Hauke-Christian Dittrich/dpa

Niederländischer Liedermacher

Amsterdam (dpa) - Er hüpft über die Bühne, tanzt, macht komische Verrenkungen hinter dem Klavier, spielt virtuos auf der Geige. Er bringt sein Publikum zum Lachen und mit seinen melancholischen Balladen zum Weinen: Der niederländische Liedermacher Hermann van Veen wird diesen Freitag (14. März) 80 Jahre alt, und eines ist sicher - einen Rollator braucht dieser Mann sicher (noch) nicht.

Zugegeben: Die Falten sind tiefer geworden, die grauen Haare spärlicher. Doch die Stimme ist noch immer voll und sanft. «Glück und gute Gene», antwortet er, wenn er auf seine Beweglichkeit und Frische angesprochen wird.

60 Jahre auf der Bühne

60 Jahre schon steht Herman van Veen auf der Bühne. «Als junger Mensch habe ich an allem gezweifelt», sagte er kürzlich in einem TV-Interview. «Sollte ich Sänger werden, Geiger, Lehrer?» Die Zweifel dauerten nicht lang. Seine erste Show mit Freunden beschreibt er als ein fröhliches Chaos, und sobald er auf der Bühne stand, wusste er: «Das ist es.»

Heute ist der Troubadour der Niederlande auf den Bühnen der Welt zu Hause. Es ist eine eindrucksvolle Karriere: Gut 180 Alben, etwa 80 Bücher, Theaterstücke, Bilder. «Dafür bekam ich ziemlich viele Blumen», witzelt er, aber auch ziemlich viele Orden und Preise - auch aus Deutschland wie etwa zuletzt den Cuxhavener Joachim-Ringelnatz–Preis.

Rieche jetzt die Blumen

«Viel Zukunft habe ich nicht mehr», sagt er. Und doch. Er richtet seinen Blick aus den strahlend blauen Augen nach vorn. «Es ist Zeitverschwendung, darüber zu grübeln, was war und darüber nachzudenken, was man später machen will», sagte er in einem Interview. «Mach es jetzt, sei jetzt glücklich, rieche jetzt die Blumen, wir haben nur heute.»

Doch spürt er in den letzten Jahren häufiger Wehmut. Viele seiner (musikalischen) Weggefährten starben. Altern und Vergänglichkeit sind nun auch seine Themen. So schrieb er das berührende Lied «Das Große Vergessen» über die Sorge, einst sich nicht mehr erinnern zu können: «Sollte ich vergessen, nicht mehr wissen, wo ich wohne ... dann laufe ich entlang der Häuser, und höre ich irgendwo eine Geige, dann klingel ich und frage: Kann es sein, dass ich hier wohn´?»

«Harlekin» als Vorbild

Van Veen wurde kurz vor Kriegsende geboren, «zwischen den Bomben», dichtete er jetzt zu seinem 80. Geburtstag. Kindheit und Jugend waren geprägt von den Erinnerungen seiner Eltern an die schwere Zeit der deutschen Besatzung. Doch schreibt er in seiner Autobiografie über seine glückliche Jugend und seine liebevollen Eltern, die mit vielen Überstunden ihm die Geigenstunden ermöglichten.

Der Titel seiner ersten Soloshow «Harlekijn» wurde zum Programm seiner Karriere. «Von niemandem der Knecht, von keinem der Boss». Diese Selbstständigkeit hat er sich bewahrt. Aber mehr noch. Van Veen sieht eine Verwandtschaft mit den musikalischen Gauklern des Mittelalters und dem Harlekin der Commedia dell´arte, dem Spaßmacher, der Lügner entlarvt und sein Publikum unterhält.

Musikalische Vorbilder sind auch Bob Dylan - «Er gab uns damals Mut», beschreibt er die Bedeutung des Protestsängers für seine Generation - und der kanadische Sänger Leonard Cohen. Van Veens niederländische Interpretation von Cohens Song «Suzanne» war sein erster großer Hit in seiner Heimat 1969. 

Frieden und Kinderrechte

Van Veen ist ein poetischer Clown, ein musikalischer Erzähler. Er schrieb Texte gegen das Wettrüsten, die Apartheid in Südafrika, die Berliner Mauer - Bis heute setzt er sich ein für Frieden und für Kinderrechte. 

Van Veen ist selbst Vater von vier heute erwachsenen Kindern und hat viel über und für Kinder gesungen («He, kleiner Fratz»). Generationen wuchsen mit dem Entensong «Warum bin ich so fröhlich?» auf, aus der auch in Deutschland populären Zeichentrickserie über die Abenteuer der Ente «Alfred Jodocus Kwak».

So alt wie der Friede

Seine Lebenspanne umfasst genau die 80 Jahre Frieden in Europa, darüber ist sich der Sänger sehr wohl bewusst. «Ich bin so alt wie der Friede in unserem Land», sagt er. Die Aufrüstung macht ihm Angst. «Ich hoffe, dass das nicht nur ein Interbellum ist» - die Zeit zwischen den Kriegen.

80 Jahre - viele haben sich dann schon längst hinter die Geranien zurückgezogen, wie ein Sprichwort in seiner Heimat sagt. Das ist für Herman van Veen undenkbar. «Das Alter muss man trainieren», sagt er. «Liebe tut man, Glück übt man. Wann man das nicht tut - dann kommt die Apathie.» Und der gibt er keine Chance.

Immer weiter singen

Seinen Geburtstag wird van Veen das ganze Jahr lang mit einer großen Tournee feiern. Mit Auftritten an all jenen Orten, die in seiner Karriere wichtig waren. In Belgien, den Niederlanden und natürlich Deutschland. Denn gerade dort hat van Veen seit Jahrzehnten eine große Zahl von Fans. 

Vielleicht ist das der Trick, sagte er kürzlich in einem Interview, immer aktiv bleiben: «Dann muss man sich doch weiter die Zähne putzen und sich bewegen. Ich kann mir ein Leben ohne spielen und singen nicht vorstellen.»

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