Ehrenamtspreis für den Verein "Gemischte Tüte"

Das Elternnetzwerk "Gemischte Tüte" bietet Eltern von Kindern mit schweren Erkrankungen oder Behinderungen eine Anlaufstelle mit Austausch und Herz. Jetzt gab es einen Preis dafür.



© NE-WS 89.4

Der Verein "Gemischte Tüte" ist ein Elternnetzwerk, deren Kinder an einer seltenen Krankheit leiden. Online und bei Präsenz-Veranstaltungen können sie sich austauschen, weiterhelfen und gegenseitig stützen. Was vor vier Jahren als Selbsthilfegruppe angefangen hat, hat viel Zuspruch und Zulauf erfahren, sodass mittlerweile ein Verein mit mehr als 200 Mitgliedern entstanden ist. Am 9. Dezember 2024 wurde der Verein mit dem Deutschen Engagementpreis in der Kategorie "Publikumspreis" ausgezeichnet und kann sich nun über eine Prämie in Höhe von 10.000€ freuen, mit der neue Aktionen und Projekte finanziert werden können.

Die Entstehung

Karoline und Lena haben vor vier Jahren, nach dem beide Mütter bei ihren Kindern eine seltene Krankheit diagnostiziert bekommen haben, eine Selbsthilfe Gruppe gegründet um sich gegenseitig zu stützen, zu stärken und sich auszutauschen. Denn obwohl beide eine unterschiedliche Diagnose bekommen hatten gab es viele Ähnlichkeiten, wie Lena berichtet:

"Wir hatten unglaublich viele gleiche Themen: Welcher Arzt ist für unsere Kinder geeignet? Welche Therapeuten sind geeignet, welche Therapien kommen überhaupt in Frage? Wie gestalten wir unseren Alltag mit Kindern, die sich einfach nicht so entwickeln, wie es der Norm entspricht?", erklärt Lena die Situation.

Durch die eigenen Erfahrungen und auch den Zulauf anderer betroffener Mütter, hat sich ein großer Netzwerk mit viel Expertise entwickelt. Sodass die Eltern, mittlerweile auch vor Ärzten, in Unis und in der Öffentlichkeit gesprochen haben, eben weil sie die Experten für ihre Kinder sind.

Was macht der Verein?

Der Verein ist eine Art Auffangbecken von Eltern für Eltern. Zum einen können Eltern online kommunizieren: Fragen stellen, Tipps geben und sich gegenseitig stärken. Die Eltern können aber auch in Präsenz zusammen kommen. Immer wieder werden Themenabende oder Familien-Nachmittage veranstaltet. Dabei gehts dann nicht nur um den Austausch sondern auch um das sichtbar machen der Kinder und eben auch den Kindern zu zeigen: Du bist nicht alleine!

Der Name "Gemischte Tüte" kam zustande, da die Kinder und Familien so unterschiedlich sind, wie eine gemischte Tüte die wir aus unserer Kindheit kennen.

Die Geschichten

Anna, Alexandra, Gründerin Lena und Vorstandsmitglied Katharina von der "Gemischten Tüte"© NE-WS 89.4
Anna, Alexandra, Gründerin Lena und Vorstandsmitglied Katharina von der "Gemischten Tüte"
© NE-WS 89.4

Die Betroffenen die in dem Netzwerk zusammen kommen, haben auch alle ihre persönlichen Geschichten. Lena beispielsweise hat einen kleinen fünfjährigen Sohn, der an einer seltenen Stoffwechselerkrankung leidet, welche seine Lebenserwartung verkürzt. Trotz seiner ganzen Einschränkungen, genießt der kleine Benjamin sein Leben. An der Situation verzweifeln war für Lena und ihren Mann nie eine Option:

"Der (Benjamin, Anm. d. Red.) liebt das Leben, der lacht über Kleinigkeiten, wo man sich immer denkt, " Mensch, wenn alle, die Kleinigkeiten mal so sehen würden, wäre das Leben doch viel fröhlicher." Doch diese ganzen Zweifel, dieses ganze Hadern mit dem Schicksal, das bringt uns nichts und das bringt vor allem Benjamin nichts." sagt Lena

Anders sah das Zweifeln bei Alexandra aus. Sie hat eine zehnjährige Tochter, welche an einem seltenen Gendefekt leidet. Dieser führt dazu, dass sie neben frühkindlichem Autismus und ADHS eine geistige Entwicklungsverzögerung hat, denn geistig ist die zehnjährige auf dem Stand einer anderthalb- bis dreijährigen.

"Die Menschen draußen, die sehen nur das Kind, die verstehen logischerweise nicht, was sie mit sich bringt, aber es wird dann halt auch schnell geurteilt, es wird schnell gesagt: "Mensch, sei doch mal leise", obwohl mein Kind in dem Moment nicht leise sein kann.", erklärt Alexandra

Im Zuge dessen, dass ihrer Tochter die Beeinträchtigung körperlich nicht anzusehen ist, gab es schon oft unschöne Situationen, an eine erinnert sich Alexandra ganz besonders:

"Mein Kind mochte nicht duschen und im Schwimmbad fing sie halt an zu schreien und dann kommen halt ältere Leute an und fangen an, uns persönlich zu beleidigen: "Sowas hätte es nicht gegeben in unserer Zeit. Wie kann man bloß", da möchte man sich am liebsten in irgendein Loch verkriechen und sagen, die ganze Welt ist schrecklich aber das bringt ja nichts. Meine Tochter kann sich nicht wehren, also müssen wir uns wehren." erinnert sich Alexandra an die Situation im Schwimmbad

Und auch um sich über solche Situationen auszutauschen gibt es das Elternnetzwerk. Neben dem Austausch über Ärzte, Therapien und sonstiges kann sich natürlich auch über Privates augetauscht werden und auch tiefe Freundschaften entstehen in dem Forum.