Sahin-Experiment vorbei - «Emotionaler» Tullberg übernimmt

FC Bologna - Borussia Dortmund
© Emanuele Pennacchio/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa

Trainerwechsel in Dortmund

Dortmund (dpa) - Nach der tränenreichen Trennung von Club-Idol Nuri Sahin hat Sportchef Lars Ricken den restlos enttäuschenden BVB-Profis intensive Tage prophezeit. Unter Interimstrainer Mike Tullberg soll es bei Borussia Dortmund vor der Partie gegen den SV Werder Bremen am Samstag zur Sache gehen. «Er ist ein sehr emotionaler Trainer. Der ein oder andere kennt ihn auch schon sehr impulsiv», sagte Ricken.

Der bisherige U19-Coach der Dortmunder habe sich bei seiner Familie verabschiedet. Er werde drei Tage ins Hotel gehen, damit er top-vorbereitet ist, kündigte Ricken nach der Rückkehr aus Bologna und dem Ende einer folgenreich-frustrierenden Dienstreise an.

Kehrtwende von Ricken 

Denn Sahins Aussicht auf einen Verbleib als Chefcoach war am Vorabend ebenso geplatzt wie der sehnlichste Wunsch nach sportlichem Erfolg mit Konstanz. Nach dem 1:2 beim FC Bologna in der Champions League hatte er noch gehofft, dass sein Herzensclub «endlich zur Ruhe findet, zur Ruhe kommt. Dass der Verein wieder erfolgreich wird, dass wir keine Nebenkriegsschauplätze haben». 

Wenig später war der 36-Jährige schon nicht mehr im Amt. Obwohl Ricken nach dem Spiel noch angekündigt hatte, erst nach der Rückkehr aus Italien in Ruhe analysieren zu wollen, wurde Sahin die Trennung sofort mitgeteilt. Kurz danach informierte Sahin das Team. «Da habe ich auch die ein oder andere Träne gesehen», berichtete Ricken nach der Landung in Deutschland. 

Am Mittwochmorgen hatte der Club den Personalwechsel öffentlich gemacht. Das Trainer-Experiment mit dem jungen Coach beim BVB ist krachend gescheitert. Wann ein neuer Chefcoach nach dem Dänen Tullberg kommt und wie er heißt, ist offen.

Ricken zu Sahin-Aus: «Niederlage für uns alle»

Sahin half nach vier Niederlagen zum Jahresstart auch das gute Verhältnis zu seinen Vorgesetzten nicht mehr. Man habe «den Glauben daran verloren, in der gegenwärtigen Konstellation noch unsere sportlichen Ziele erreichen zu können», sagte Ricken. «Das ist natürlich eine Niederlage für uns alle, die weh tut.»

Vor gut einem halben Jahr am 1. Juni 2024 hatte der BVB noch im Endspiel des wichtigsten europäischen Club-Wettbewerbs im Londoner Wembleystadion gegen Real Madrid gestanden. Nun drohen die Dortmunder durch die Niederlage den sicheren Einzug ins Achtelfinale der Königsklasse zu verpassen. In der Fußball-Bundesliga liegen die Westfalen aktuell deutlich fernab des Minimalziels der Champions-League-Qualifikation. Der Rückstand auf Rang vier beträgt bereits sieben Punkte. «Wir müssen eine sehr gute Rückrunde spielen», sagte Ricken. 

«Leider haben wir es nicht geschafft, den sportlichen Ambitionen von Borussia Dortmund in dieser Saison zum jetzigen Zeitpunkt gerecht zu werden», sagte Sahin. Ob sein kurzfristiger Nachfolger auch zum Abschluss der Ligaphase der Champions League am kommenden Mittwoch gegen Schachtar Donezk auf der Bank sitzt - auch offen.

Sahins Nachfolger hat viele Baustellen

Spekuliert wird eifrig. Schon vor Sahins Endspiel in Bologna geisterten Namen wie Sandro Wagner, Erik ten Hag und Roger Schmidt durch die Medien. Sky und «Bild» nannten nun auch den ehemaligen Frankfurt-, Bayern- und Wolfsburg-Coach Niko Kovac als Kandidaten.

Rekordnationalspieler Lothar Matthäus brachte sogar den früheren Bundestrainer Joachim Löw ins Spiel. Der 64-Jährige wäre eine Möglichkeit, «um erst mal Ruhe reinzubringen und sich dann langfristig um einen neuen Trainer zu kümmern», sagte Matthäus, als Sahin noch BVB-Trainer war.

«Wenn ein Trainerwechsel alle Probleme löst, alle Nebenkriegsschauplätze löst, dann ist das überhaupt kein Problem», sagte Sahin in Bologna und ließ dabei tief blicken. Das ist nämlich sehr fraglich.

Seit dem Ende der Ära von Jürgen Klopp vor fast zehn Jahren gleicht die Trainerposition beim Revierclub einer Dauerbaustelle. Sahin ist bereits der achte Coach seit 2015, der nach dem Klopp-Abgang gescheitert ist. Darunter waren auch Hochkaräter wie Thomas Tuchel, Lucien Favre oder Marco Rose.

Dortmunder Mannschaft völlig verunsichert

Sahin hat bei seinem Jugendverein, bei dem er bereits als Zwölfjähriger eingetreten war und für den er mit 16 Jahren als Profi debütiert hatte, sicher nicht alles richtig gemacht. Er ist aber auch das Opfer eines unausgewogenen Kaders, dessen talentierte Spieler ihr Potenzial seit Monaten nicht mal annähernd konstant abrufen und inzwischen gar als überbewertet gelten.

Als Führungsspieler eingeplante Profis wie die deutschen Nationalspieler Julian Brandt, Emre Can oder Nico Schlotterbeck laufen ihrer Form hinterher. Ihre Kollegen mitreißen können sie aktuell nicht. Quasi die gesamte Mannschaft wirkt völlig verunsichert. Dortmund leistet sich Woche für Woche individuelle Fehler, die kaum zu erklären sind. Zudem beschleunigten Verletzungssorgen und krankheitsbedingte Ausfälle zuletzt die Abwärtsspirale des BVB. 

Bislang keine Winterneuzugänge

Erhoffte Verstärkungen in der Winter-Transferperiode lassen auf sich warten. Gerüchte um mögliche Verpflichtungen gibt es zwar, bislang hat in Stürmer Donyell Malen aber nur ein Spieler den Club verlassen. Gekommen ist noch keiner, auch der in Medien gehandelte Angreifer Marcus Rashford von Manchester United nicht. 

Die Kritik an der Transferpolitik und damit auch an Sportdirektor Sebastian Kehl wächst. Mit dem 44-Jährigen hatte der BVB erst vor zwei Wochen den Vertrag bis zum Sommer 2027 verlängert.

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FC Bologna - Borussia Dortmund
Nuri Sahin ist nicht mehr Trainer von Borussia Dortmund.© Fabio Sasso/dpa
Nuri Sahin ist nicht mehr Trainer von Borussia Dortmund.
© Fabio Sasso/dpa
Mike Tullberg
Mike Tullberg betreut den BVB im nächsten Spiel.© Thomas Heesler/Kirchner-Media/dpa
Mike Tullberg betreut den BVB im nächsten Spiel.
© Thomas Heesler/Kirchner-Media/dpa
FC Bologna - Borussia Dortmund
Torwart Gregor Kobel und der BVB sind am Boden.© Fabio Sasso/dpa
Torwart Gregor Kobel und der BVB sind am Boden.
© Fabio Sasso/dpa

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